Tamilas Haus ist desolat – sie lebt alleine mit ihrem Sohn, der eine geistige Behinderung hat, und schafft es nicht, die notwendigen Renovierungsarbeiten zu bezahlen, geschweige denn, selbst durchzuführen. Mit einer monatlichen Pension von rund 85 Euro steht sie im Vergleich zu vielen anderen älteren Menschen in der Republik Moldau eigentlich nicht schlecht da, es reicht aber trotzdem bei weitem nicht, um die Grundbedürfnisse zu decken. Auch dieses Jahr hat sie von der Hilfsorganisation Neoumanist und Brot für die Welt dankend die Lieferung Feuerholz angenommen, die sie durch den Winter bringen wird.
Als studierte Ingenieurin hatte Tamila einen guten Job in einer öffentlichen Stelle – irgendwie ist dieses Büro dann ihr Haus geworden, ein Haus, das jedoch an allen Ecken und Enden „zusammengeflickt“ ist. Neben ihrem Sohn teilt sie es mit mehr als 20 Katzen, einem Hund und ein paar Ziegen.
Tamila ist 78 Jahre alt, Diabetikerin und leidet unter Bluthochdruck, aber sie ist gerne aktiv. Neben der Arbeit zu Hause hilft sie seit über 10 Jahren regelmäßig freiwillig im Rasarit Tageszentrum mit – sie hält einen „Leseclub“ ab, wo sie interessante Information aus Zeitungen und Büchern heraussucht und mit anderen Leuten im Alter über 70 aus dem Ort Straseni teilt. Sie schreibt Gedichte, die sie im Tageszentrum vorträgt und auch den Angestellten von Neoumanist, die das Zentrum betreibt, und anderen alten Menschen, widmet.
„Das Tageszentrum ist mein zweites zu Hause“, sagt Tamila. Es ist ein Ort, an dem alte Menschen, die oftmals vereinsamt leben, Wärme und Respekt erfahren können. Angeboten wird alles, was guttut, lebendig hält und von Interesse ist: gemeinsame Tanz- und Singclubs, Englischunterricht, Dominospielen, Frisör und Körperhygiene, Massageeinheiten, Möglichkeit zum Wäschewaschen und ein frisch gekochtes Mittagessen. „Wenn ich ehrlich bin, gehe ich auch hin, um regelmäßig ein warmes Essen zu bekommen und einmal in der Woche zu Duschen“, gibt Tamila zu. „Der Ort ist ein Palast im Vergleich zu meinem Haus“.
Genau aus diesem Grund, erklärt Veronica Timbalari, die Leiterin von Neoumanist, bemühe sich das Team, das Zentrum wohnlich zu gestalten: es werden traditionelle Handarbeiten ausgestellt, Fotos der MitarbeiterInnen und BesucherInnen schmücken die Wände und seit kurzem gibt es einen „beauty salon“ für Haar- und Körperpflege. Es ist ein Ort der Begegnung und eine Pause vom Alltag – wahrlich einzigartig in Moldau.