Im Dezember hat sich die EU auf ein gemeinsames Lieferkettengesetz geeinigt. Im letzten Moment aber macht Österreich einen Rückzieher und kündigt an, sich bei der endgültigen Abstimmung zu enthalten.
Wie kommt das, und was ist das Ziel des Wirtschaftsministers?
Frei übersetzt geht es bei dem Gesetz, um „Anständigkeit im Wirtschaften“. Das Lieferkettengesetz würde alle Unternehmen ab 500 MitarbeiterInnen und einem Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen Euro dazu verpflichten ihre Handelspartner genau zu prüfen. Und wenn es in einer Lieferkette Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen gibt, müssen sie diese Risiken bewerten und dann geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen.
Weg von freiwilligen Selbstverpflichtungen, hin zu verbindlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen
Brot für die Welt, die entwicklungspolitische Aktion der Diakonie und der evangelischen Kirche in Österreich meint dazu sehr klar: „Es braucht jetzt einen europaweiten Paradigmenwechsel, weg von freiwilligen Selbstverpflichtungen, hin zu verbindlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen. Das EU-Lieferkettengesetz muss nun zügig durch das europäische Parlament und den Rat, damit das Gesetz noch vor den anstehenden EU-Wahlen verabschiedet werden kann“.
Ein klarer Rechtsrahmen hilft nicht nur den ausgebeuteten Menschen und der Natur, es hilft auch den Unternehmen, die erkannt haben, dass ein gerechteres Wirtschaften langfristig allen Menschen zugutekommt.
Die beste Hilfe ist die, die nicht vonnöten ist
Der evangelische Bischof und Schirmherr von Brot für die Welt Michael Chalupka verstärkt dies noch, und sagt: „Österreich hat sich ja der sogenannten „Hilfe vor Ort“ verschrieben. Was das Lieferkettengesetz angeht, kann man dazu nur sagen: die beste „Hilfe vor Ort“ wäre ja diejenige, die gar nicht benötigt wird, weil Menschenrechtsverletzungen, wie Kinderarbeit oder ausbeuterische Arbeitsbedingungen und Umweltschäden präventiv verhindert werden. Wie kann es also sein, dass Wirtschaftsminister Kocher den Hardlinern unter den Industrielobbyisten nachgibt?“ und er fügt anlässlich des Beginns der Fastenzeit - oder evangelisch: der Passionszeit – an: „Wir haben kein Recht auf Ausbeutung und auf ein Leben auf Kosten der Menschen im globalen Süden. Wer die Menschenrechte aus vermeintlich wirtschaftlichen Vorteilen in den Produktionsländern nicht schützt, untergräbt die Werte, die unser Zusammenleben ausmachen.“
Tröstlich sei es, dass längst nicht alle Handelsunternehmen auf der Blockadeschiene unterwegs sind, unterstreicht Chalupka: Viele Unternehmen, die schon jetzt auf menschenrechtliche Standards in ihren Lieferketten achten, haben bereits im Dezember, gemeinsam mit Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen in einem „multistakeholder statement“ auf die rasche Beschlussfassung eines EU Lieferkettengesetzes gedrängt (hier ist das Dokument zu finden: https://media.business-humanrights.org/media/documents/2_Jan_Multistakeholder_statement.pdf).
„Ich hoffe, dass Minister Kocher hier noch umdenkt. Klare verlässliche Rahmenbedingungen gehören zu einer funktionierenden Marktwirtschaft und sie sollten nicht auf Kosten von Kindern, Frauen und Männern gehen, die von Ausbeutung bedroht sind.“